Die SPD hält die neue Gesundheitsreform der Schwarz-Gelben Regierung ohnehin für unsozial, doch nun kommen die Sozialdemokraten nach einem Gutachten zu dem Schluss, dass die Reform gegen das Grundgesetz verstößt. Dem Tagesspiegel vorliegenden Gutachten von Juraprofessor Ingwer Ebsen von der Universität Frankfurt am Main kommt zu dem Ergebnis, dass die Reform möglicherweise an einem zentralen Punkt gegen das Grundgesetz verstößt. Der von Gesundheitsminister Philipp Rösler für Geringverdiener geplante Sozialausgleich berge ein „hohes verfassungsrechtliches Risiko“ und stelle das Leitprinzip der Krankenversicherung auf den Kopf, heißt es von dem Experten. Ebsen geht in seinem 12-Seitigen Gutachten besonders auf die Ungleichbehandlung ein. Für die Berechnung des Sozialausgleichs moniert der Experte werden nicht alle beitragspflichten Einnahmen zu Grunde gelegt, sondern nur das Hauptarbeitsentgelt oder die gesetzliche Rente. Zur Ungleichbehandlung führt die SPD mit Karl Lauterbach ein konkretes Beispiel an: Rentner A, der über eine kleine gesetzliche Rente verfügt, erhält den Sozialausgleich. Nicht berücksichtigt wird, dass er nur kurz als Angestellter gearbeitet hat, bevor er eine Beamtenlaufbahn eingeschlagen hat, aus der er inzwischen eine hohe Pension bezieht. Rentner B, der zwar eine höhere gesetzliche Rente überwiesen bekommt als A, aber insgesamt über weniger Einkünfte verfügt, erhält hingegen keinen oder nur weniger Sozialausgleich. Union und FDP hatten sich vor der Sommerpause auf Grundzüge geeinigt und dies führte zu dem Beschluss, dass künftig alle Kostensteigerungen im Gesundheitswesen den Versicherten aufgebürdet werden. Übersteigt der Zusatzbeitrag zwei Prozent des Bruttoeinkommens, soll der Versicherte einen Sozialausgleich erhalten. Um die Zustimmung des Bundesrates zu vermeiden ist der bisherige Ausgleich über das Steuersystem, um das gesamte Einkommen der Krankenkassenmitglieder zu berücksichtigen, umgewandelt worden in den Ausgleich entweder über den Arbeitgeber oder den Rentenversicherungsträger. Ob die neue Gesundheitsreform nach der endgültigen Schlussfassung immer noch gegen das Gesetz verstößt ist allerdings in dem Gutachten dennoch unklar. Die Erläuterungen von Ebsen sind, wie er selber sagt nur vorläufig, aber es gehe ihm vielmehr darum, auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und im wesentlichen unstrittiger Verfassungsdogmatik eine Risikoanalyse zu erstellen.